Bestandskunden sind zentral für viele Unternehmen. Daher ist es wichtig zu verstehen, welche Kunden in Gefahr laufen zu kündigen. In diesem Artikel stellen wir dar, wie künstliche Intelligenz (KI) in der Prognose von Kündigungswahrscheinlichkeiten (engl. “Customer Churn Prediction”) eingesetzt werden kann.
Wieso ist die Prognose von Kündigungen wichtig?
Speziell bei Vertrags-, Abo- oder SaaS-Modellen basiert der Erfolg auf monatlichen Beiträgen von Bestandskunden. Erst nach einer gewissen Laufzeit sind die Akquisekosten erreicht und der Ertrag beginnt. Studien zeigen, dass die Akquise von Neukunden bis zu sieben Mal so teuer wie die Bindung von Bestandskunden ist. Für den Geschäftserfolg ist es daher umso wichtiger, Kundenbindung zu erhöhen und seine Kundenbasis kontinuierlich aufzubauen.
Noch intensiver ist dieses Problem, so man Upsell-Methoden mit einrechnet. Kunden, die mehr Services oder Produkte nutzen, zahlen sukzessive mehr pro Monat. Eine Kündigung würde diesen mühevollen Aufbau zunichte machen.
In Summe ist monatlich wiederkehrender Umsatz zentral für viele Geschäftsmodelle. Und Kunden die kündigen verursachen oft hohe Kosten für Neuakquise und Loyalitätsaufbau.
Wie ist der herkömmliche Weg zur Vorhersage?
Üblicherweise gibt es zwei Methoden, wie mit Vorhersagen umgegangen wird. Die reaktive Methode und die Scoring-Methode.
Reaktive Kundenbindung
Mit reaktiver Kundenbindung beschreibt man die Reaktion auf eine Kündigung. Viele Unternehmen reagieren erst, wenn die Kündigung bereits eingericht wurde und versuchen dann Methoden zu finden, den Kunden umzustimmen. Diese Methoden sind oft persönlicher Kontakt, zusätzliche Features oder verringerte Kosten.
Das Problem ist, dass während manche Kunden genau darauf aus sind, andere bereits zu frustriert sind um gehalten zu werden. Oder bereits einen Wechsel zu einem anderen Unternehmen eingeleitet haben. Folglich gibt es keine Möglichkeit, diese Kunden zu halten.
Customer Health Score
Durch ein Scoring der “Kundengesundheit” wird in anderen Unternehmen angezeigt, ob, wie und wie oft ein Kunde mit den eigenen Produkten interagiert. Daraus wird ein “Health Score” abgeleitet. Umso niedriger, umso eher werden die Kunden proaktiv durch ein Customer Success Team kontaktiert.
Das Problem bei dieser Methode ist, dass das Scoring üblicherweise sehr statisch ist und auf wenigen Faktoren basiert. Dadurch wird die Komplexität “Kundenunzufriedenheit” selten erfasst oder ist oft schon nach kurzer Zeit nicht mehr repräsentativ für die Realität, weilt veraltet. Zudem werden Scorings komplexeren Interaktionen nicht gerecht und Kunden die gar nicht kündigen wollen werden fälschlicherweise kontaktiert.
Wie kann künstliche Intelligenz bei der Vorhersage von Kündigungswahrscheinlichkeit helfen?
Wie kann also KI bei der Prognose von Kündigungen unterstützen? Die Methode die üblicherweise für Customer Churn Prediction eingesetzt wird nennt sich Klassifizierung (engl. “Classification”).
Ein Klassifizierungsalgorithmus leitet aus existierenden Daten ab, wieso ein Eintrag in eine von zwei oder mehreren Gruppen eingeordnet wird (“Kündigung wahrscheinlich” vs. “Kündigung unwahrscheinlich”). Das davon abgeleitete statistische Modell (eine Art Generalisierung) kann genutzt werden, um die Kündigungswahrscheinlichkeit für die Zukunft vorherzusagen.
Beispiele für Algorithmen für Classification sind Logistische Regression, Naive Bayes, K-nearest Neighbors, Decision Trees oder XGBoost. Jeder Algorithmus hat seine Vor- und Nachteile und gibt entweder eine binäre Einordnung (“Ja” / “Nein”) oder eine Wahrscheinlichkeit wieder.
Die Vorteile von Künstlicher Intelligenz bei der Vorhersage von Kündigungswahrscheinlichkeit sind somit eine sehr verlässliche, auf realem Verhalten beruhende Prognose. Zudem ist diese sehr flexibel bezüglich der Interaktion von Attributen und kann einfach mit einer Vielzahl an Metriken umgehen.
Welche Daten werden eingesetzt?
Da die Klassifizierung mittels KI eine Bandbreite an Daten verarbeiten kann, darf man sich bei der Prognose sozusagen am gesamten Gabentisch bedienen:
- Stammdaten: Klassischerweise aus CRM oder anderen Kundendaten-Systemen bilden sie die Basis, wie zum Beispiel Alter / Geschlecht (B2C), Firmengröße (B2B), Dauer der Mitgliedschaft, Akquisekanal, Vertragsdaten und mehr.
- Transaktionsdaten: Meist aus dem E-Commerce bekannt gibt es sie auch in anderen Geschäftsmodellen. Was wurde wann wie konsumiert, gebucht oder zurückgeschickt sind nur ein paar Beispiele für Transaktionen.
- Verhaltens- /Nutzungsdaten: In vielen digitalen Unternehmen (z.B. Software as a Service, SaaS) zeichnet man genau auf, wie sich Kunden auf der Plattform verhalten. Diese Clickstreams, Login-Daten oder andere Informationen können eine interessante Basis für die Vorhersage sein, vor allem wenn man sie quantifiziert (letzter Login, Anzahl Logins je Monat, etc)
- Service-Daten: Unzufriedene, aber auch sehr engagierte Kunden sind häufig mit dem Support im Kontakt. Daher bilden Service-Systeme und Tickets auch eine gute Quelle für Erkenntnisse (z.B. wie oft, welcher Sentiment)
Das sind nur ein paar Beispiele für sinnvolle Quellen für Daten, die eine Vorhersage der Abwanderung erlauben. Es gibt noch unzählige andere Systeme die nah oder fern mit den Kunden zu tun haben und somit sinnvoll eingesetzt werden können.
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